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Fragestellung und Sachverhalt

Das Sozialgericht München entschied, dass die Nichtausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit in der Praxis trotz zahlreicher Bereitschaftsdienste zur Entziehung der Zulassung führen kann.

 

Verhandelter Fall

  • Der Fall betrifft die Frage, ob einem niedergelassenen Arzt die Zulassung zur vertragsärztlichen Tätigkeit entzogen werden kann, wenn er über Jahre hinweg nur eine geringe Anzahl von Patienten in seiner Praxis behandelt und die gesetzlich vorgeschriebene Mindestanzahl an Behandlungsfällen deutlich unterschreitet. Dabei stellte sich die Frage, ob die Übernahme zahlreicher Bereitschaftsdienste und damit verbundener ärztlicher Beratungen und Behandlungen außerhalb der regulären Praxiszeiten ausreichend ist, um die Verpflichtung zur vertragsärztlichen Tätigkeit zu erfüllen. Konkret wurde geprüft, ob die ärztliche Tätigkeit im Bereitschaftsdienst als vertragsärztliche Leistung zählt, welche die Anzahl der in der Praxis behandelten Patienten kompensieren kann.
  • Ein Münchner Hausarzt, der kurz vor seinem Renteneintritt stand und in einer Berufsausübungsgemeinschaft tätig war, behandelte über Jahre hinweg nur wenige Patienten in seiner Praxis. Stattdessen übernahm er zahlreiche Bereitschaftsdienste im Rahmen des Ärztlichen Bereitschaftsdienstes (ÄBD), bei dem Ärzte Patienten in dringenden Fällen außerhalb der Praxiszeiten zu Hause aufsuchen und behandeln. Der Zulassungsausschuss der Bayerischen Kassenärztlichen Vereinigung (KVB) mahnte den Arzt mehrfach an, mehr Patienten in seiner Praxis zu behandeln. Der Hausarzt argumentierte, dass er durch kleinere Beratungen, die in der Pauschalgebühr enthalten seien, viele Patienten betreue und dass auch seine Bereitschaftsdienste, bei denen er bis zu 400 Patienten im Quartal behandelte, berücksichtigt werden sollten.
  • Trotz seiner Einwände entzog ihm der Zulassungsausschuss schließlich die vertragsärztliche Zulassung mit der Begründung, dass er über einen längeren Zeitraum seine vertragsärztliche Tätigkeit nicht in ausreichendem Umfang ausgeübt habe. Der Arzt legte Widerspruch ein, welcher jedoch vom Berufungsausschuss abgewiesen wurde. Daraufhin zog er vor Gericht, um gegen die Entziehung seiner Zulassung zu klagen.

 

Entscheidung und Konsequenzen

  • Das Sozialgericht München wies die Klage des Hausarztes ab und bestätigte die Entscheidung des Zulassungsausschusses, ihm die vertragsärztliche Zulassung zu entziehen. 
  • Das Gericht stellte fest, dass die vertragsärztliche Tätigkeit nur durch die Anzahl der abgerechneten Leistungen in der Praxis bestimmt wird. Kleinere Tätigkeiten wie Beratungen am Tresen, Rezeptausstellungen oder Lehrtätigkeiten zählten nicht als vertragsärztliche Tätigkeit im Sinne der gesetzlichen Vorgaben. 
  • Die vom Arzt abgerechneten Leistungen lagen deutlich unter 10 % des Durchschnitts der Fachgruppe, was laut dem Gericht als klare Nichtausübung der vertragsärztlichen Tätigkeit gewertet wurde. Da der Hausarzt somit seine vertragliche Verpflichtung zur Patientenbehandlung in der Praxis nicht erfüllte, sei ihm gemäß § 95 Abs. 6 SGB V in Verbindung mit § 27 Ärzte-ZV die Zulassung zu entziehen.
  • Zudem stellte das Gericht klar, dass die ärztliche Tätigkeit im Bereitschaftsdienst nicht als vertragsärztliche Tätigkeit zählt, sondern lediglich als Ergänzung betrachtet wird. Die Bereitschaftsdienste konnten somit nicht als Ersatz für die unzureichende Behandlung von Patienten in der Praxis gewertet werden. Durch diese Entscheidung wird deutlich, dass Ärzte, die eine Kassenzulassung besitzen, verpflichtet sind, eine Mindestanzahl an Patienten in ihrer Praxis zu behandeln, um ihrer vertragsärztlichen Tätigkeit nachzukommen. Die Entscheidung unterstreicht die Bedeutung der regelmäßigen Patientenbetreuung in der Praxis und stellt sicher, dass die vertragsärztliche Versorgung nicht durch Ausweichstrategien wie verstärkte Bereitschaftsdienste umgangen wird.